In 22 Tagen geht die «Züri-Metzgete» über die Bühne. Sportarzt Adrian Burki gibt Trainingstipps, räumt mit Mythen auf und spricht über das Dopingproblem im Volkssport.
Wer am 5. September an der «Züri-Metzgete» teilnehmen möchte, sollte bis dahin im Minimum über drei Monate ein Aufbautraining absolviert haben, weiss Sportarzt Adrian Burki |
Velofahren erfreut sich als Volkssport einer immer grösseren Beliebtheit. Ander «Züri-Metzgete» werden voraussichtlich 1000 Hobbyradfahrer auf der 49 beziehungsweise 98 Kilometer langen Strecke über zwei Berge rasen. Ist Velofahren überhaupt gesund?
Adrian Burki: Der Radsport ist sehr gesund. Es ist gut, sich zu bewegen und auf ein Ziel hin zu trainieren. Zu viele Menschen sind heute inaktiv. Anlässe wie die «Züri-Metzgete» bilden dabei für Hobbysportler einen Idealfall, weil sie den Trainingsplan strukturieren.
Es heisst, alles im Leben ist nur bis zu einem bestimmten Mass gesund. Gilt das auch fürs Radfahren? Wann ist dieses Mass überschritten?
Die «Züri-Metzgete» mit ihren maximal 98 Kilometern liegt sicher innerhalb dieses Masses – wenn man sich entsprechend vorbereitet. Ungesund wird es, wenn die Radfahrer sich nicht ausreichend vorbereiten und sich am Rennen überfordern. Voraussetzung ist auch, dass man die körperliche Belastung erträgt und gesund ist. Ein Gesundheitscheck ist medizinisch empfohlen.
Die «Züri-Metzgete» findet am 5. September statt. Was raten Sie Kurzentschlossenen, die sich jetzt noch anmelden wollen?
Wenn man bis jetzt nie trainiert hat, sollte man lieber zu Hause bleiben und Schach spielen. Auf einen Wettkampf wie die «Züri-Metzgete» muss man sich physisch und mental einstellen können. Das erfordert mindestens ein drei Monate langes Aufbautraining, bei dem man im Minimum dreimal die Woche trainiert.
Profis werden sehr aufwendig betreut, haben einen Trainer und einen Sportarzt. Laien trainieren auf eigene Faust. Laufen sie Gefahr, beim Training Fehler zu machen, die Langzeitschäden verursachen können?
Die häufigsten Fehler sind, dass Laien zu unregelmässig oder zu intensiv trainieren. Wer zu intensiv trainiert, schwächt sein Immunsystem. Dann besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten. Besonders gefährlich wirds, wenn man trotz einer Infektion, sei es eine Erkältung oder eine Hautinfektion, weitertrainiert. Dann können sich die Bakterien im ganzen Körper verteilen und den Herzmuskel angreifen. Wenn die sportliche Leistung trotz regelmässigem Training abnimmt, sollte sich ein Hobbysportler beraten lassen. Denn dann trainiert er bestimmt falsch.
Worauf muss man beim Training achten, damit man gesund trainiert?
Sinnvoll ist ein Training mit Pulskontrolle. Als Faustregel gilt: Der Puls sollte 170 minus die Hälfte des Alters betragen. Dann kann man nichts falsch machen. Wem das nicht genügt, der kann einmal die Woche ein Intervalltraining absolvieren, bei dem er drei- bis viermal den Puls für fünf bis zehn Minuten bis zur Belastungsgrenze hinaufjagt.
Landläufig heisst es, Velofahren sei gut für die Knie. Stimmt das?
Ja, das ist so. Beim Velofahren kann man im Gegensatz zum Joggen die Belastung gut dosieren. Wichtig ist, dass man das richtige Velo kauft. Man sollte sich bei der Velogrösse und bei der Satteleinstellung beraten lassen.
Ein anderes Vorurteil besagt, zu viel Velosport mache impotent.
Das stimmt hingegen gar nicht. Ich war selber jahrelang Radrennfahrer und habe heute vier Kinder. Aber es kann zu Entzündungen in dieser Region kommen.
Wie sieht es mit dem Verletzungsrisiko aus? Welches sind die häufigsten Verletzungen im Radsport?
Am häufigsten kommen Kopfverletzungen mit gut 20 Prozent vor. Ihnen folgen Schürfungen und Schlüsselbeinbrüche. Besonders häufig passieren Unfälle bei schlechter Witterung oder in der Endphase der Strassenrennen, wenn die Radsportler aus Übermüdung Fahrfehler begehen. Oft passieren an Rennen auch Unfälle, weil viele nicht über die nötige Erfahrung verfügen, um im Feld zu fahren. Man kann nicht immer allein trainieren und dann denken, dass man sich am Renntag einfach jemandem anhängen kann. Man muss wissen, wie die anderen reagieren und wie nah man aufschliessen darf. Die schwersten Unfälle passieren aber bei Kollisionen mit Autos. Deshalb sollte man immer auf selten befahrenen Nebenstrassen trainieren.
An der Tour de France sieht man die Profis vor dem Rennen tellerweise Spaghettis in sich hineinschaufeln. Wie können sich die Velofahrer vor der «Metzgete» vorbereiten, um das Optimum aus sich herauszuholen?
Man sollte an den Tagen vor dem Rennen viel Kohlenhydrate essen und viel Flüssigkeit speichern: Am Abend vor dem Rennen sollte man einen halben Liter zusätzlich trinken, am Renntagmorgen nochmals einen halben Liter und eine Stunde vor dem Rennen wieder einen halben Liter. Meistens genügt Wasser. Erst wenn die Temperaturen über 23 Grad steigen, empfehle ich isotonische Getränke. Man kann aber am Vortag zusätzlich Salzstängeli essen.
Wie sieht es mit unerlaubten Mitteln aus? Der Profiradsport ist wegen Dopingskandalen arg in Verruf geraten. Sind diese Mittel auch unter den Laien verbreitet?
Wir wissen heute, dass ein recht grosser Anteil der Hobbysportler Schmerzmittel einnimmt. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn das bringt wenig. Mir macht es Angst, denn – Schmerzmittel können Magen, Darm und Nieren schädigen. Auch Anabolika ist bei den Hobbysportlern ein Thema. Uns liegen zwar keine Zahlen vor, aber ich befürchte, dass es nicht wenige sind, die solche Mittel konsumieren.
Was soll ein Fahrer nach dem Rennen tun, damit der grosse Kater ausbleibt?
Relativ bald nach dem Rennen trinken und essen. Am besten isotonische Getränke und Milch, Yoghurt oder einen Quark. Auf keinen Fall sollte man Bier oder sonstigen Alkohol trinken. Das kann zu Blutdruckabfall führen und durch den Verlust an Mineralien die Gefahr von Krämpfen verstärken.
Interview: Caroline Bossert
Originalartikel als PDF
Adrian Burki
|