Das 100-]ahr-]ubiläum der «Züri-Metzgete>> steht im Zeichen des Breitensports.
Freizeit Radler mit viel Speed: Der Schnellste der «Volks-Metzgete» bewältigt die 98 Kilometer im 39,5km/h-Tempo. |
Die goldenen Zeiten sind vorbei. Aber noch nicht lange. Vor wenigen Jahren konnte man an der «Züri-Metzgete» einen Blickauf die goldglänzenden Schuhe Paolo Bettinis werfen. Konnte dieselbe Strecke befahren, auf der die grossen Namen des Radsports um den Sieg kämpften. Die Anwesenheit der Professionals übte eine grosse Anziehungskraft aus, über 2000 nahmen jeweils am Jedermann-Rennen teil. Während sich diese frühmorgens am Start besammelten, wurden Fernsehkameras für die spätere Live-Übertragung justiert, versammelten sich Tausende von Radsportfans entlang der Strecke.
Nun ist die «Züri-Metzgete» 100 Jahre alt. Gefeiert wird das Jubiläum aber im intimen Rahmen, denn das ehemals prestigeträchtige Rennen musste 2008 wegen fehlender Sponsorengelder redimensioniert werden: kein Millionenbudget, kein Weltcup-Status, keine Live-Berichterstattung, keine grossen Namen. Nicht mehr der Spitzensport steht im Mittelpunkt, sondern das Volk.
Obwohl: Von den 932 Teilnehmern der «Volks-Metzgete», die sich am Sonntagmorgen in den Start-Sektoren einreihen, sieht die Mehrheit höchst professionell aus. Besonders in technischer Hinsicht: Die Drahtesel sind mehrere tausend Franken wert, und die einstigen Tachometer messen mittlerweile alles, was es zu erfassen gibt. Auch punkto Bekleidung ist kein Unterschied zu den Profis auszumacbcn. lm Gegensatz zu früheren Jahren aber, als vielfach Trikots der Eliteteams getragen wurden, verweisen heute die meisten Leibchen auf den eigenen Radsportverein oder auf andere Anlässe, an denen der Träger schon in die Pedale trat. Die wenigen Fahrer, die nicht mit modernster Ausrüstung anreten, stechen aus der Masse heraus. Der Zürcher beispielsweise. der mit einem älteren Rennvelo mit Stahlrahmen unterwegs ist. «Ich nehme das nicht so ernst, letztes Jahr bin ich sogar mit einem City-Bike gestartet», sagt er. Auch ein
Auch das ist die «Züri-Metzgete» 2010: Fachsimpeln unter Hightech-Helmen. |
Velokurier ist mit seinem normalen Arbeitsgerät unterwegs. Wer stundenlang durch die Stadt flitzt, braucht für läppische 98 Kilometer keinen Luxus-Renner.
Der Grossteil der Teilnehmer nimmt das Rennen hingegen sehr ernst. «Es geht nicht um Leben und Tod», mahnt der Speaker vor dem Start. Eine wichtige Bemerkung, denn auch wenn es nicht um das grosse Geld oder Ruhm geht, so doch um Ehre. Es wird taktiert und gekämpft wie bei den Profis - und zuweilen ist der Ehrgeiz grösser als das Können. Einige Hobbyfahrer meiden mittlerweile die Volksrennen, weil ihnen die überambitionierten, aber unroutinierten Fahrer zu gefährlich sind.
In den vorderen Startreihen ist aber nicht nur die Ausrüstung professionell, sondern auch die Fahrweise. Dort sind diejenigen Fahrer eingeteilt, die an bisherigcn Austragungen schnell gefahren
waren. Hier kann jeder Windschatten fahren, werden Anstiege in zügigem Tempo genommen und Abfahrten rasant, aber kontrolliert gemeistert. In diesem Umfeld käme auch so mancher Profi ins Schwitzen: Die Durchschnittsgeschwindigkeit des 18-jährigen Siegers Philip Jansen betrug 39.5 km/h.
Anja Knabenhans (Text) und Adrian Baer (Bilder)
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